Alte Schmiede zu Augsburg. Ein Labor für experimentelle Bauforschung

Preisträger Zukunftspreis 2021

Das Augsburger Baudenkmal "Alte Schmiede" im Ulrichsviertel gehörte ursprünglich zum Kloster St. Ulrich und Afra und wurde zu dieser Zeit als Hufschmiede zum Beschlagen von Tierhufen genutzt. Bedingt durch den langen Leerstand kann man im Gebäude noch viele wunderschöne Relikte aus verschiedenen Zeitepochen entdecken und bewundern. Das Denkmal am Milchberg in Augsburg lädt Interessierte ein, dessen lebendige Geschichte zu erleben und an den innovativen Entwicklungen im Labor für experimentelle Bauforschung teilzuhaben, um gemeinschaftlich davon profitieren zu können.

Der Eigentümer des Gebäudes initiierte 2015 eine Kooperation mit der Hochschule Augsburg. Studierende sollten seminarbegleitend die historische Bausubstanz untersuchen und ressourcenschonend wiederherstellen, um mietfrei die Räumlichkeiten als Arbeitsplatz nutzen zu können. Bis 2020 wurde aufgeräumt, dokumentiert und Reparaturen vorgenommen, um ‚so viel wie nötig und so wenig wie möglich‘ von der historischen Bausubstanz zu gefährden und Kosten zu sparen. Die experimentelle Bauforschung untersuchte das über Jahrhunderte gewachsene Baugefüge und bestimmte mit Vorsicht dessen Schwächen und Stärken. Denn moderne Wohnansprüche können im Altbau entweder durch die zügige Sanierung mit aggressiven Eingriffen erzielt oder durch den Bauerhalt mit wenigen, minimalinvasiven Methoden samt nachfolgender Beobachtung vermeintlicher Schadensphänomene konzipiert werden.

Das Ziel dieses Projektes ist, bis 2030 eine wohnliche Umgebung wiederherzustellen, die durch die Symbiose aus moderner Wissenschaft, historischen Handwerkstechniken, sowie gemeinschaftlicher Zusammenarbeit im Sinne der Nachhaltigkeit und ohne Verlust an Authentizität erfolgt. Der innovative Charakter des Konzeptes liegt in der ehrenamtlichen Mitwirkung mithilfe professioneller Unterweisung, welche zu einer Sensibilisierung und angemessenem Umgang mit historischer Bausubstanz führt. Als Beispiel können angehende Architektinnen und Ingenieure dieses Wissen in zukünftigen Projekten zur nachhaltigen Erhaltung von Baudenkmälern umsetzen. Denn die aus diesem Projekt resultierenden Erfahrungswerte sind auf jeglichen Altbestand skalierbar. Die Visualisierung der Forschungsergebnisse zeigt die Baugeschichte des mittelalterlichen Handwerkerhauses in Augsburg und lädt dadurch zur interdisziplinären Diskussion ein. Durch die dreidimensionale Aufnahme der Räumlichkeiten konnte das Projekt in Form eines virtuellen Rundgangs digitalisiert und so für die breite Öffentlichkeit wirksam gemacht werden (www.alteschmiede.rocks).

Für die Präsenz vor Ort wurden bereits Kooperationen mit pädagogischem Wert für Abiturientinnen und Abiturienten, Auszubildende und Handwerksmeister und -meisterinnen in die Wege geleitet. Durch den prädestinierten Standort am Fuße der historisch-bedeutenden Kirche St. Ulrich und Afra ist das Interesse der umliegenden Bewohner am Erhalt und der Wiederbelebung der „Alten Schmiede“ groß. Dem möchte das Projekt gerecht werden, durch Einladungen zum öffentlichen Austausch, interdisziplinäre Seminare und Workshops. Auch lokale Initiativen werden in das Projekt eingebunden. Ziel des Konzepts ist, dieses Zeitzeugnis der Stadtgeschichte, des Schmiedehandwerks und der soziokulturellen Entwicklung unverfälscht und identitätsstiftend an die folgenden Generationen weiterzugeben.

Begründung der Jury Zukunftspreis
Denkmal! Denk mal! Ein Imperativ. Er fordert auf: zum Nachdenken. Was kann ich besser machen? Was lerne ich aus Vergangenem? Wie festige ich Erinnerungen und bewahre die Zeugnisse unserer Kultur?

Denk mal! Denk mal nach! In der jetzigen Zeit ist diese Aufforderung wichtiger denn je. Wir sollten vieles überdenken, Gewohnheiten reflektieren und anpassen, Auswirkungen unseres Handelns bedenken. Wir sind alle aufgefordert, zu optimieren und zu reduzieren und nachzudenken, weiterzudenken.

Hier hat jemand weiter gedacht. Der Eigentümer der „Alten Schmiede“ im Ulrichsviertel am Milchberg wollte Erinnerungen bewahren und zum Nachdenken anregen und initiierte eine Kooperation mit der Hochschule Augsburg. Studierende haben seit dem Jahr 2015 seminarbegleitend die historische Bausubstanz untersucht, restauriert und ressourcenschonend wiederherstellt. So konnte das kulturelle Erbe in den letzten Jahren denkmalgerecht und mit größter Vorsicht wiederbelebt werden. Als „Gegenleistung“ durften die Studierenden die Räumlichkeiten mietfrei als Arbeitsplatz nutzen und das über Jahrhunderte gewachsenen Baugefüge untersuchen.

Das ist lernen am „lebenden“ Objekt, experimentelle Bauforschung. Schon jetzt ist die „Alte Schmiede“ ein Ort der Begegnung, der zur interdisziplinären Diskussion einlädt: Abiturient:innen, Auszubildende, Handwerker:innen, Studierende und Professor:innen kommen bei Ausstellungen, Seminaren und Workshops ins Gespräch und initiieren Kooperationen. Auch lokale Initiativen werden in das Projekt eingebunden. Angehende Architekt:innen und Ingenieur:innen können die gewonnen Kenntnisse und Erfahrungen für zukünftige Projekte nutzen. Dabei soll die Geschichte des Gebäudes spürbar bleiben und für jeden Besucher sichtbar gemacht werden. Unter www.alteschmiede.rocks werden die Forschungsergebnisse visualisiert und in einem virtuellen Rundgang dargestellt.

Ziel des Projektes ist, dieses Zeitzeugnis der Stadtgeschichte, des Schmiedehandwerks und der soziokulturellen Entwicklung unverfälscht und identitätsstiftend und Authentizität erhaltend an die folgenden Generationen weiterzugeben.

Denk mal! Hier hat wirklich jemand weiter gedacht! Sehr geehrte Frau Schumacher, sehr geehrter Herr Heilmann, sehr geehrte Professor:innen, liebe Studierende! Sie haben mit Ihrer Arbeit ein Schmuckstück geschaffen. Diese Projektschmiede – im doppelten Sinne – ist eine Bereicherung für die Augsburger Stadtgeschichte, sie haben ein Denkmal gesetzt – für den Umweltschutz und Werterhalt historischen Kulturerbes und fordern auf: Nachzuahmen. Nachzudenken. Nachzuhalten.

Mit dem Projekt „Alte Schmiede“ vereinen Sie die ökologische, ökonomische, die soziale und die kulturelle Zukunftsfähigkeit. Sie schaffen eine Symbiose für die Zukunft, eine Symbiose aus:

• Moderner Wissenschaft

• Tradition, Kulturerbe und historische Handwerkstechniken

• Ehrenamtliche und gemeinschaftliche Zusammenarbeit

• Transfer von gewonnenem Wissen und Erfahrungswerten für zukünftige Projekte

• Interdisziplinäre Diskussion und Austausch

und leisten so einen erheblichen Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen der Stadt Augsburg:

• ressourcenschonend wirtschaften

• soziale, ökologische, wirtschaftliche, kulturelle und politische Bildung stärken

• Lebens- und Erholungsqualität bieten

• nachhaltige Konsum- und Lebensstile entwickeln und fördern

• Kunst, Kultur und Geschichte Raum geben.

Sehr geehrte Frau Schumacher, sehr geehrter Herr Heilmann, sehr geehrte Professor:innen, liebe Studierende – zu Recht erhalten Sie heute eine Anerkennung für dieses langjährige und nachhaltige Engagement. Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und Freude mit Ihrem Denkmal.

Susanne Sadremoghaddam, Nachhaltigkeitsbeirätin, Handwerkskammer für Schwaben

Themen: Bauen, Bildung, Handwerk, Innenstadt, Kultur, Reparieren, Hochschule/Universität