Wirtschaftsunternehmen: Ökogeige – Violine ohne Verwendung tropischer Hölzer

Preisträger Zukunftspreis 2022

Der Geigenbau-Betrieb Conradi Meistergeigen in Augsburg besteht seit 35 Jahren.

Die Ökoinstrumente von Susanne Conradi, z.B. die Violinen aus der Öko-Linie, werden nach Modellen, die sich an den klassischen, italienischen Vorbildern orientieren, hergestellt. Eine absolute Besonderheit ist, dass beim Bau dieser Instrumente auf die Verwendung tropischer Hölzer, wie z. B. Ebenholz verzichtet wird, um auch dem ökologischen Bewusstsein der Kunden Rechnung zu tragen.

Für eine Violine aus der Öko-Linie wird z.B. für die Decke traditionell Fichtenholz (hier aus Südtirol), für den Boden, die Zargen und Schnecke geflammter, bosnischer Bergahorn verwendet. Das Griffbrett und der Saitenhalter sind aus Sonowood. Hierfür werden heimische Hölzer aus nachhaltiger Forstwirtschaft derart modifiziert, dass sie die physikalisch-mechanischen Eigenschaften von Tropenholz erhalten oder diese sogar übertreffen. Die Einlagespäne sind aus Ahorn. Der Untersattel ist aus Birne, der Obersattel aus Buchsbaum. Hierfür könnten auch Ebenholzreste, z. B. aus alten Klaviertasten, verwendet werden. Die Feinstimmwirbel kommen von einer Firma aus Isny im Allgäu. Für ein Cello aus der Werkstatt Conradi wurde das Griffbrett aus Corèneᵀᴹ , einem neuartigen Material, das ähnlich ausgezeichnete Eigenschaften besitzt, wie das bisher verwendete Ebenholz, angefertigt. Wie Ebenholz ist es ein sehr homogenes Material; es lässt sich verarbeiten wie Ebenholz und fühlt sich auch so an. Die Wirbel sind aus Zwetschgenholz aus dem eigenen Garten, Ober- und Untersattel wurden aus Birne gefertigt. Die Stachelbirne und der Feinstimmsaitenhalter sind aus Kunststoff.

Handgearbeitete Streichinstrumente sind in Fachwerkstätten immer reparierbar und haben somit eine enorme Lebensdauer.

Begründung der Jury Zukunftspreis
Schülerinnen- und Schüler-Jury der Städtischen Berufsschule VI , Klasse HOL 10 B

Das Bewusstsein für nachhaltiges und zukunftsorientiertes Handeln wird immer mehr tragender Bestandteil unseres Alltags. Passiv erfahren wir es beim Einkauf, mit dem Verzicht auf Plastiktüten. Aber auch aktiv, wenn wir uns in die Straßenbahnen der SWA oder die Busse des AVV setzen, statt das Auto zu nehmen. Aktiv tragen genauso Organisationen, Vereine und Verbände mit nachhaltigen, sozialen und wirtschaftlich zukunftsweisenden Projekten ihren Teil bei. So auch die Macher und Organisatoren der 32 teilnehmenden Projekte am Zukunftspreis 2022.

Aus ihnen galt es für uns, als Berufsschulklasse der Balthasar-Neumann-Schule Augsburg, einen Preisträger zu küren. Das war keine leichte Entscheidung. Wir haben lange diskutiert und viele gute Argumente gehört. Uns war wichtig eine Entscheidung zu treffen, welche nicht nur uns sondern unsere Generation aus dem Raum Augsburg repräsentiert.

Heutzutage ist es offensichtlich und wichtig zu unterstreichen, wie relevant Wälder für das Klima und die Artenvielfalt sind. Daher hat jedes Projekt, das gegen die voranschreitende Abholzung der Tropenwälder vorgeht - ob passiv oder aktiv - seine Berechtigung. Susanne Conradi, eine Geigenbauerin mit einem langbestehenden Betrieb in der Augsburger Innenstadt ist zur aktiven Beschützerin der tropischen Wälder zu zählen.

In ihrer 'Öko-Serie' stellt sie filigrane Instrumente aus einheimischen Hölzern her. Durch eine spezielle Vorbehandlung erhalten die, aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammenden Hölzer Eigenschaften, die denen der Tropenhölzer sehr ähneln. Ihre Idee führt sie weiter, mit dem Vorhaben alte, nicht mehr genutzte Hölzer oder auch Instrumente, z. B. Klaviertasten für das Bauen zu verwenden. Die (Klang)Qualität erfährt dadurch keinerlei Minderung. Zudem bezieht sie weitere Bauteile, wie Stimmwirbel, von lokal ansässigen Unternehmen. Für das Griffbrett eines Cellos wurde ein speziell entwickeltes Material verwendet, welches den Eigenschaften von Ebenholz nahekommt. Alles in allem sind die Instrumente aus Conradis Öko-Serie nachhaltig, mit innovativen Materialien und noch dazu kostengünstig hergestellt.

Wie bereits oben erwähnt, sahen wir uns in der Verantwortung eine fundierte Entscheidung zu treffen, zu welcher wir als Klassenverband geschlossen stehen und bei welcher wir das Gefühl haben unsere Generation und die Schüler Augsburgs zu repräsentieren. Warum haben wir uns also für die “Öko-Geige” entschieden? Hier kurz die wichtigsten Punkte als Übersicht, welche danach noch genauer erklärt werden:

⁃ Ressourcenschonung und Nachhaltiges Wirtschaften

⁃ Regionales Handeln

⁃ Förderung von Kunst und Kultur

Die bei den Materialien für die Instrumente aus der Öko-Serie wird bewusst darauf geachtet, dass diese aus nachhaltigen Quellen kommen. Auf Tropenholz zu verzichten ist ein wichtiger Schritt, Klima und Artenvielfalt zu schützen. Das Recyceln von Hölzern aus alten Instrumenten bedeutet Ressourcenschonung, eine Voraussetzung um nachhaltig wirtschaften zu können. Der Laden von Frau Conradi befindet sich mitten in der Innenstadt, am besten zu erreichen also mit öffentlichen Verkehrsmitteln und das Material für ihre Instrumente kommt aus der erweiterten Region. Die Firma Wittner, welche die Stimmwirbel liefert, stammt aus dem Allgäu, die zwei Schweizer Firmen, welche das speziell behandelte Holz und das eigens für Griffbretter entwickelte Material liefern, sind ca. drei und fünf Stunden von Augsburg mit dem Auto entfernt. Das fällt zwar nicht mehr unter lokal oder regional, ist allerdings noch immer besser als Importe aus Asien oder Amerika. Ein weiterer Punkt, der uns von Frau Conradis Projekt überzeugt hat, ist der Preis der Öko Instrumente. Diese befinden sich eher am unteren Ende des Preisspektrums und sind somit auch für Anfänger eine gute Option. Zu guter Letzt wollten wir noch sicherstellen, dass unsere Entscheidung berücksichtigt, wie bekannt bzw. unbekannt die Projekte und die Organisatoren sind. Auch hier konnte das Projekt bei uns punkten, da eine ökologisch hergestellte Geige, nicht gerade eine Aktion ist, welche in der Augsburger Allgemeinen Zeitung auf der ersten Seite landet.

Sehr geehrte Frau Susanne Conradi, wir sind begeistert von Ihrer Idee und möchten Sie von ganzem Herzen unterstützen. Wir hoffen, dass unsere Entscheidung Sie dazu motiviert, Ihre innovativen Methoden weiter zu verfolgen und vielleicht sogar zu verbreiten. Wir wollen Ihnen mit diesem Preis die Möglichkeit geben, eine weitreichende Plattform und Anerkennung zu bekommen. Menschen wie Sie, die auch bereit sind traditionelles Handwerk weiter zu denken und mit Innovationen zu füllen, sind sehr wichtig für unsere Gesellschaft. Seien Sie sich sicher, dass Sie auch in unserer Klasse von angehenden Schreinern einige dazu inspiriert haben, ungewöhnliche Wege anzustreben, um Innovation ins Handwerk zu bringen.

Themen: Wirtschaft, Handwerk, Musik, nachhaltiges Wirtschaften, Reparieren