Inklusion voranbringen

Preisträger Zukunftspreis 2018

Der Verein "einsmehr" e.V. besteht aus ca. 110 Familien mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Down-Syndrom sowie Interessierten aus Augsburg und Umgebung. Der ehrenamtlich getragene Verein engagiert sich für eine inklusive Gesellschaft.

Dazu organisiert er Fachveranstaltungen z.B. für Lehrerinnen und Lehrer oder politische Diskussionsveranstaltungen (z.B. "Wo stehen wir in der Inklusion?"). Durch die Mitarbeit im Behindertenbeirat der Stadt vertritt "einsmehr" die Anliegen von Menschen mit einer geistigen Behinderung auch in der Stadtpolitik. Mit Veranstaltungen wie "Touchdown 21 Mini" werden Einblicke in die Lebens- und Gedankenwelt einiger Menschen mit Down-Syndrom ermöglicht.

Durch die stark zunehmende Verbreitung von Tests in der Schwangerschaft steigt auch die Verunsicherung und der Entscheidungszwang von werdenden Müttern. Um diese zu unterstützen und vor folgenschweren vorschnellen Entscheidungen zu warnen, wurde ein Flyer aufgelegt, in dem Frauen Unterstützung angeboten wird, wenn sie eine entsprechende Diagnose bekommen. In Ländern wie Dänemark ist zu beobachten, dass eine flächendeckende Einführung von Tests vor der Geburt zu einer massiven Abnahme von Geburten von Kindern mit Down-Syndrom führt.

Auch in Vorträgen und bei Veranstaltungen an Schulen werben die Mitglieder des Vereins für einen offenen Umgang mit Menschen mit Down-Syndrom und berichten aus ihrem Alltag. Bei pädagogischen Angeboten für Jugendliche mit Trisomie wird darauf geachtet, dass die jungen Frauen und Männer lernen, sich selbstbewusst und selbständig in der Stadt zu bewegen und auch zu zeigen, wenn sie sich in einer Situation unwohl fühlen. Dafür gibt es auch Gruppen, die auf drei Jahre angelegt sind und die Jugendlichen durch die Pubertät begleiten.

Das größte aktuelle Vorhaben ist die Planung eines Inklusionshotels. Damit werden Arbeitsplätze für Menschen mit einer geistigen Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt geschaffen. Für diese Zielgruppe ist es nach wie vor sehr schwierig, eine Beschäftigung mit Sozialversicherung und Mindestlohn zu finden. Ein positiver Businessplan veranlasste "einsmehr" nun einen weiteren Schritt zu gehen und eine gGmbH zu gründen, die als Betreiberin des Hotels fungieren soll. Die Realisierung ist inzwischen ein gutes Stück vorangekommen, u.a. wurde ein Standort gefunden.

Darüber hinaus versteht sich der Verein auch als Plattform für die Mitgliedsfamilien, in der sie sich austauschen und gegenseitig unterstützen können oder sich in gemeinsamen Freizeiten oder Wochenenden erholen können.

Begründung der Jury Zukunftspreis
Augsburg ist eine bunte Stadt, in der Menschen verschiedenster Kulturen, Religionen und Nationalitäten, Frauen und Männer jeden Alters und mit unterschiedlichen Begabungen und Fähigkeiten friedlich miteinander leben. Diese Vielfalt macht unsere Stadtgesellschaft aus und bereichert Augsburg.

Bereits seit vielen Jahren engagiert sich „einsmehr“, die Initiative Down Syndrom Augsburg und Umgebung e.V. dafür, dass Kinder und Jugendliche, die die genetische Besonderheit Trisomie 21 haben, aktiv und selbstbestimmt an unserer Gesellschaft teilhaben und Zugang zu Institutionen haben können. Mit der von Richard von Weizsäcker formulierten Perspektive „Es ist normal verschieden zu sein.“ setzt sich die Elterninitiative dafür ein, eine inklusive Gesellschaft zu gestalten, vorhandene Hindernisse und Vorurteile abzubauen und einen respektvollen Umgang und ein tolerantes Miteinander in unserer Stadtgesellschaft zu schaffen. Denn Inklusion ist nicht allein Thema von Menschen mit Einschränkungen und deren Angehörigen, sondern eines, das die ganze Gesellschaft angeht.

Die Elterninitiative bietet dabei neben regelmäßigen Treffen und einem Erfahrungsaustausch zahlreiche Gruppenangebote (Teenie-Freizeit-Gruppe, Selbstbehauptungskurs u.a.) und diverse Freizeitaktivitäten wie einen Brunch oder Jugendwochenenden für Menschen mit Trisomie 21 und deren Angehörigen an. Sie organisiert Vorträge, Seminare und Workshops für und mit Eltern, Fachleuten und Schulen und macht Öffentlichkeitsarbeit auch mit Ausstellungen und kulturellen Aktivitäten.

Unter dem wunderbaren Motto „Wir wollen und können einsmehr!“ engagiert sich die Elterninitiative mit hohem Einsatz dafür, dass in Augsburg ein Inklusionshotel realisiert wird. In diesem Projekt werden auch Menschen mit einer geistigen Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung finden. Die Initiative verhandelt dabei mit Bauträger und potentiellem Vermieter, entwickelt ihre Vorstellungen zu Architektur und Innenausstattung, arbeitet einen Businessplan aus, gründet eine gGmbH und akquiriert auf vielfältigste und kreative Weisen die nötigen finanziellen Mittel für dieses Projekt.

Die Jury honoriert den Einsatz zur Bewusstseinsbildung für eine inklusive Gesellschaft, die zahlreich geschaffenen Möglichkeiten zu Information, Austausch, Entwicklung und Entfaltung sowie die Kreativität im Engagement. Über das jahrelange große ehrenamtliche Engagement hinaus gilt es insbesondere den Einsatz für das erste Inklusionshotel in Augsburg zu würdigen.

Martina Wild, Stadträtin

Themen: Inklusion, Familie, Teilhabe