Neue Wanderwege für Tiere und Pflanzen im Schatzwald Augsburg

Preisträger Zukunftspreis 2019

Der Landschaftspflegeverband Stadt Augsburg e.V. (LPVA) wurde im Jahr 1995 gegründet. Seine Aufgabe ist es, die einmalig schöne und biologisch reichhaltige Natur im Stadtgebiet zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln. Der LPVA ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Naturschutzverbänden, Landwirten und Kommunalpolitikern, die gemeinsam naturnahe Landschaftsräume erhalten oder neu schaffen wollen.

Der Stadtwald Augsburg ist eines der artenreichsten Naturschutzgebiete in Bayern. Hotspots der Biologischen Vielfalt sind die Lechheiden. Gleichzeitig ist der Stadtwald Trinkwasserschutzgebiet, aus dem die Stadtwerke Augsburg (SWA) rund 300.000 Bürgerinnen und Bürger mit hochwertigem Trinkwasser versorgen. Die Verteilung des in Brunnen gewonnenen Grundwassers erfolgt über ein 32 km langes, unterirdisches Leitungsnetz, das entlang von Wegen verläuft. Um im Notfall an die Leitungen gelangen zu können, müssen sie von Gehölzbewuchs freigehalten werden. Lange Zeit wurden die Trassen lediglich alle paar Jahre gemulcht.

In einem Konzept hat der LPVA vorgeschlagen, die Trassen nach naturschutzfachlichen Gesichtspunkten offen zu halten. Ziel ist es, die Flächen jährlich abschnittsweise einmal mit Messerbalken zu mähen (Förderung von Blütenreichtum, Schonung von Kleinlebewesen) und das Mähgut abzufahren (Verwertung als Einstreu). Durch diese Maßnahme entwickeln sich blütenreiche Bestände, die sich wie Korridore durch den Wald ziehen und Verbindungslinien zwischen den artenreichen Lechheiden bilden. Positiver Synergieeffekt: Die Trassen bleiben offen und für Tiere und Pflanzen entstehen Wanderwege (Biotopverbund) zwischen den Lechheiden.

Seit 2013 wird das Konzept umgesetzt. Der Mehraufwand wird über staatliche Fördermittel finanziert. Projektpartner sind die Stadtwerke und die Stadtforstverwaltung. Eine innovative Besonderheit: SWA-Kunden tragen über den Regenio Tarif (freiwillige finanzielle Mehrleistung) zur Finanzierung bei. Der gut funktionierende Biotopverbund umfasst heute 24 km!

Begründung der Jury Zukunftspreis
Im 19. Jahrhundert waren die Lechauen rund um Augsburg geprägt von weitläufigen Heidelandschaften. Durch den Siedlungsdruck der Anrainergemeinden, den Bau von Straßen und die intensive landwirtschaftliche Nutzung wurden die Heidelandschaften auf heute nur mehr 1% ihrer ursprünglichen Fläche zusammengeschrumpft. Viele seltene Tier- und Pflanzenarten, die auf den mageren Boden der Heide angewiesen sind, stehen deshalb vor dem Aussterben oder sind bereits verschwunden. Die letzten Reste der Lechheide müssen daher unbedingt vor weiteren Übergriffen durch den Menschen geschützt werden.

Die verbliebenen Heideflächen, wie die Königsbrunner Heide, die Schießplatzheide, die Flugplatzheide, die Ölbachheide oder die Hasenheide - um die bekanntesten zu nenne - sind nicht nur in ihrer Fläche bedroht, sondern weisen einen regelrechten Inselcharakter auf: viele der Heidebewohner sind auf ihrem Heiderest durch die menschenverursachten Veränderungen im Umfeld regelrecht eingekesselt: dies führt zu einem weiteren Rückgang der Biodiversität. Ein genetischer Austausch zwischen den Populationen ist nicht mehr möglich.

Und nun die gute Nachricht: der Landschaftspflegeverband Augsburg kümmert sich unermüdlich und erfolgreich seit Jahren mit immer wieder neuen Ideen und Ansätzen um den Erhalt der Heideflächen. Teilweise konnten Heideflächen nicht nur gesichert, sondern sogar wieder vergrößert werden. Mit seinem Projekt „Neue Wanderwege für Tiere und Pflanzen im Schatzwald Augsburg“ gelingt es dem Landschaftspflegeverband nun, eine echte Win-Win-Situation herbei zu führen: die Trassen der Trinkwasserversorgung, die bisher als Schneisen der Verwüstung durch den Augsburger Stadtwald schnitten, erhalten durch einen schonenden Schnitt und die Abfuhr des Mähgutes eine völlig neue Funktion: sie werden zu Verbindungswegen für Tiere und Pflanzen zwischen den Heideinseln. Damit wird die Zugänglichkeit der Wasserversorgungsleitungen für die Stadtwerke gesichert und auch der Austausch von Bewohnern der Heideinseln ermöglicht.

Der Landschaftspflegeverband hat so wieder einmal unter Beweis gestellt, dass mit gutem Willen und pfiffigen Ideen die Bedürfnisse der Menschen und der Natur durchaus unter einen Hut zu bringen sind. Weiter so!

Christian Pettinger, Stadtrat

Themen: Biodiversität, Natur, Tiere, Wald, Wasser