meins.ist.deins

Preisträger Zukunftspreis 2018

pro familia Augsburg e.V. ist seit Jahrzehnten engagiert in Augsburg und vor allem bekannt durch die staatlich anerkannte Beratung von Schwangeren und Familien. Viele Menschen wissen jedoch nicht, dass pro familia auch mit vielen kleinen Projekten vor Ort unterstützt, informiert und Menschen verbindet. In den Beratungsgesprächen erfahren die Fachkräfte oft von Sorgen und Nöten in den Familien. Deshalb hat sich der Verein zur Aufgabe gemacht, mit zielgerichteten Projekten unbürokratisch und lokal zu helfen. Diese Projekte sind nicht öffentlich finanziert und erfordern deshalb viel Engagement und Phantasie von Mitarbeitenden und ehrenamtlich Helfenden.

Eines dieser Projekte ist meins.ist.deins. Seit Herbst 2015 wird dafür gut erhaltene Babykleidung gesammelt, sortiert und in liebevolle Willkommenssäckchen verpackt. Diese werden persönlich und bedarfsgerecht an bedürftige Familien, Alleinerziehende und Schwangere verteilt. Zusätzlich dürfen die Klienten gemeinsam mit einer Beraterin von pro familia auf einem Wunschzettel angeben, was sie am dringendsten benötigen. Das Team begibt sich dann gezielt auf die Suche, um z.B. einen Kinderwagen oder ein Kinderbett zu organisieren.

Nur dank engagierter ehrenamtlicher Hilfe ist es möglich, all diese Gegenstände, die für die meisten Mitbürger eine Selbstverständlichkeit darstellen, kostenfrei zu beschaffen und die Aufbereitung und bedarfsgerechte Verteilung zu gewährleisten.

Das Projekt verbindet die Hilfsbereitschaft derer, die bisher vielleicht noch keine Plattform zum Helfen gefunden haben, mit den Bedürfnissen von Menschen, die es im Leben gerade nicht "so leicht" haben. Dadurch entsteht ein Gefühl der Gemeinschaft zwischen ehrenamtlich Helfenden und unterstützten Familien/Alleinerziehenden. Auch kommen immer wieder Familien, denen geholfen wurde, zu pro familia und wollen auch helfen, weil sie etwas zurückgeben möchten. Dies ist ein großer Schritt hin zu einer lebenswerteren Gesellschaft. So ist auch das Motto des Projekts das indische Sprichwort "Wenn du meinst, zu klein zu sein, um etwas zu bewegen, dann hattest du noch nie eine Mücke im Bett."

Begründung der Jury Zukunftspreis
Laudatio der Schülerinnen- und Schüler-Jury der Klassen 8cM und 8dM der Schiller-Mittelschule im Schuljahr 2017/18:

„Smombies“ - Jeder kennt sie inzwischen, die introvertierten, gleichsam ferngesteuerten Wesen, die mit tief geneigtem Haupt überall – womöglich noch mit Kopfhörern in den Ohren - einem entgegen wandeln… Völlig fokussiert auf das Display, registrieren sie nicht einmal mehr Bekannte oder Freunde, die zufällig direkt neben ihnen stehen… Dieses Phänomen beschreibt der neue Begriff „Smombies“- ein Neologismus aus den Wörtern „Smartphones“ und „Zombies“. Um diesem Trend entgegenzusteuern, gibt es nun sogar eigene „Kopf-hoch“-Kampagnen, die gezielt dazu aufrufen, sich nicht zum Sklaven des eigenen Mobiltelefons machen zu lassen.

Den Kopf wieder häufiger hoch zu nehmen schützt dabei aber nicht nur einen selbst, sondern hilft auch anderen: Man nimmt seine Umwelt, seine Mitmenschen und deren Lebenssituationen wieder bewusster wahr, kommt mit ihnen - wie früher - ins Gespräch. Dies ist wichtig, zumal Werte wie Verantwortung, Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft, Empathie und Aufmerksamkeit in letzter Zeit immer mehr in Vergessenheit zu geraten scheinen. Dabei bleiben die Menschen auf der Strecke, die sich in einer schwierigen Lage befinden und bedürftig sind. Besonders hart trifft dies junge und überforderte Eltern oder alleinerziehende Mütter bzw. Väter. Diese Menschen wünschen sich sehnlichst eines: endlich wieder unbeschwert, mit Lebensfreude und somit mit erhobenem Haupt durch Augsburg gehen zu können!

Genau dies, nämlich Probleme der Augsburger Mitbürger gezielt zu erkennen, wahrzunehmen und dagegen möglichst unbürokratisch Abhilfe zu schaffen, praktizieren die Ehrenamtlichen des Vereines pro familia Augsburg e.V. bereits seit 40 Jahren. In ehrenamtlicher Arbeit stellen die Mitarbeiter und Helfer von pro familia kleine sortierte Willkommenssäckchen mit gespendeter, gut erhaltener Babykleidung zusammen, um diese den Bedürftigen, alleinerziehenden Müttern/Vätern in Augsburg Stadt und Land, übergeben zu können. Darüber hinaus kann mit Hilfe einer Beraterin ein Wunschzettel für einen dringend benötigten Gegenstand für das Baby ausgefüllt werden. Die freiwilligen Mitarbeiter und Helfer begeben sich dann gezielt auf die Suche, diesen kostenfrei zu organisieren.

Wir, die SchülerInnen-Jury der Schiller-Mittelschule Augsburg-Lechhausen, sehen dieses Projekt einem nachhaltig wertvollen Augsburg als besonders dienlich an:

mein.ist.deins bedeutet kulturelle Zukunftsfähigkeit: In dem Projekt wird beispiellos das Prinzip des „Gebens und Nehmens“ umgesetzt. Bedürftige mit kleinen Kindern bekommen dadurch die Chance, in Augsburg Stadt und Land eine Heimat zu finden und sich hier wohl fühlen zu können. Dieser Zusammenhalt, das vertrauensvolle Zusammenwirken der Geber und Nehmern stärkt den jeweiligen Stadtteil immens, der Zusammenhalt der Bürger wächst enorm. Darüber hinaus fördert der Einsatz der Ehrenamtlichen ganz wesentlich das positive Image und das Selbstbewusstsein der Stadt Augsburg.

meins.ist.deins bedeutet ökologische Zukunftsfähigkeit: pro familia leistet damit auch einen erheblichen Beitrag gegen die Wegwerfmentalität unserer Konsumgesellschaft. Den Spendern wird die Gelegenheit gegeben, die Babykleidung und andere Gegenstände wie Kinderwägen nicht einfach zu entsorgen – was durchaus bequemer wäre - sondern einer sozial wertvollen Wiederverwendung zuzuführen. Beiden Seiten, den Gebern und Nehmern, wird dabei der materielle und ideelle Wert von benutzter Ware in vorbildlicher Weise vor Augen gehalten.

meins.ist.deins bedeutet soziale Zukunftsfähigkeit: Besonders wertvoll ist dieses Projekt auch unter dem Aspekt des sozialen Ausgleichs: Für uns ist Babykleidung durchaus erschwinglich – für andere leider nicht. Außerdem werden die Familien gestärkt, die das Hilfsangebot in Anspruch nehmen, indem die Fachkräfte die betroffenen Mütter und Familien persönlich kennenlernen, mit ihnen ins Gespräch kommen und Ratschläge geben können. Dies kann eine anonyme staatliche finanzielle Unterstützung nicht bieten!

In vorbildlicher Weise wird hier Solidarität und Subsidiarität, also Hilfe zur Selbsthilfe praktiziert, und dies ohne jegliche öffentliche Finanzierung. Ehemals Betroffene werden laut Erfahrungswerten oft ebenfalls zu Spendern oder ehrenamtlichen Mitarbeitern. Gibt es einen größeren Dank und Wertschätzung? Jeder einzelne von uns ist aufgerufen diesem Beispiel zu folgen, wieder öfter den Kopf hoch zu nehmen, Augen und Ohren für seine Mitmenschen zu haben und das Projekt meins.ist.deins. zu unterstützen, auch wenn er nur vereinzelte Babykleidungsstücke hat, die er spenden kann. Denn getreu dem Motto „Wenn du meinst, du bist zu klein um etwas zu bewegen, dann hattest du noch nie eine Mücke im Bett“ leistet meins.ist.deins mit einem immensen ehrenamtlichen Zeitaufwand einen wertvollen Beitrag dazu, Augsburg für die Zukunft nachhaltiger zu gestalten.

Themen: Familie, Armut, Kinder, Kleidung, Recycling